BIOGRAPHIE


Der Künstler, dessen Berufsleben eine Art von europäischem Kostümfest werden sollte, wuchs als „all-American boy” auf. Zu den Gefühlswerten, die George Frederick Takis in seiner Kindheit und Jugend in den USA annahm, gehörten der Ernst des Cowboyhemd-Trägers, der Stolz des Mitglieds im Mickey-Mouse-Club, der Eifer des Pfadfinders und der Fleiß des Gymnasiasten. Er warf Frisbees und spielte Golf. Lauthals verkündete er seine Begeisterung für das Baseballteam seiner Heimatstadt, die Atlanta Braves.

Mit achtzehn arbeitete er für eine traditionsreiche Institution in Atlanta, die Coca-Cola Company, und erstellte Forschungsberichte über die amerikanische Jugendkultur. Bei einer Reise durch den Westen der USA stieg der – damals noch – Langhaarige den Grand Canyon hinab. An der Harvard University studierte er französische und englische Geschichte und Literaturwissenschaft. Ein Semester in Paris eröffnete George Frederick Takis neue kulturelle Horizonte und bewog ihn, nach seinem Abschluß magna cum laude nach Europa zurückzukehren, diesmal nach Berlin.

Die geteilte Stadt war ein Anreiz, Freundschaften beiderseits der Mauer zu pflegen und die Widersprüche der deutschen Mentalität zu erfahren. Berlin vermittelte George Frederick Takis auch eine neue Perspektive auf sein Heimatland durch eine Stelle als Mathematiklehrer in der Kaserne der US-Armee, wo er Soldaten aus allen Regionen der USA unterrichtete. Er bestritt seinen Lebensunterhalt auch als Schauspieler bei deutschen Fernsehfilmen. An der Freien Universität eignete er sich neben der deutschen auch die italienische und die lateinische Sprache an, studierte Musikwissenschaft und bereitete mit Hilfe eines Luftbrückendankstipendiums eine Dissertation über Vergils Aeneis vor.

Dann gewann allerdings das Singen die Oberhand. Seine langjährige private Gesangsausbildung begann, Früchte zu tragen. Als Oratoriensänger nahm er solistische Partien in Berliner Kirchen und Konzertsälen an. Als Entertainer sang er auf Galas und trat in Fernsehsendungen auf. Er empfand den zwischenmenschlichen Kontakt beim Singen als eine große Bereicherung.

Die Angewohnheit, Grenzen zu überschreiten und neue Zusammenhänge zu suchen, führte George Frederick Takis zu der Frage, wo eine Bühne eigentlich anfängt und wo sie aufhört. Bedeuteten die Gesichtsausdrücke und Körperbewegungen seiner Zuhörer nicht eine aktive Teilnahme am Gesang, die erweitert werden konnte? Die lebende Musikbox war eine erste interaktive Auftrittsform. Seine jahrelange Zusammenarbeit mit dem Scharlatan theater brachte dem Sänger eine Spielart bei, die improvisierte Komödie in laufender Interaktion mit den Zuschauern verwirklicht. Für seine Solo-Darbietungen kreierte er verschiedene kostümierte Figuren, die ihre musikalische und humoristische Wirkung inmitten des Publikums entfalten.

Die Lust an Selbstverwirklichung erweitert sein Tätigkeitsfeld nach wie vor. Als Journalist schreibt er Rezensionen über Tanz-, Sprech- und Musiktheater und interviewt führende Persönlichkeiten der Berliner Kulturszene. Er spielt Klavier und übt sich an der Universität der Künste in Tonsatzaufgaben sowie Höranalysen. Die Liebe zu Fremdsprachen findet Erfüllung bei seinen im Auftrag von Museen und Verlagen angefertigten englischen Übersetzungen deutscher, französischer und italienischer Texte. Bei der Transzendentalen Meditation schließlich erlebt er die Ruhe, die hinter aller Verwandlung als Quelle menschlicher Kreativität liegt – jene Ruhe, die ihm stets aufs Neue ermöglicht, sein selbstgegebenes Kredo zu verwirklichen:

Dat cantor de corde benigno lumen amoenum
perpetuo nascens laetitiam pariet.


(Aus wohlwollendem Herz schenkt der Sänger ein sanftes Licht;
ständig neu geboren, gebiert er selbst die Freude.)